Der Verein Diên Hông e.V. hat sich am 24. und 25. August 2022 mit verschiedenen Formaten aktiv am Gedenken an das Pogrom in Rostock Lichtenhagen 1992 beteiligt.
Auf dem Neuen Markt lud unser Chor für Vielfalt am 24. August zum Mitmachen ein. Unter Leitung von Stephan Brauer und mit Unterstützung durch John Carlson am Keyboard brachte der Chor mit unterschiedlichen Songs seine Haltung für ein Miteinander in Vielfalt und die Wertschätzung von Unterschieden zum Ausdruck. Ungefähr 70 Menschen waren dabei und sangen mit. Der Chor setzt seine Proben ab Montag, 29. August, um 17.30 Uhr im Chorsaal des Volkstheaters vor und freut sich auf weitere Aktionen.
Anschließend folgten ca. 80 Menschen der Einladung zur Talkrunde „Diskriminierung und Rassismus aus postmigrantischer Perspektive“. Die Moderatoren Dean Ruddock und Viet Duc Pham von der Initiative Postmigrantisches Radio beleuchteten mit den Podiumsgästen Jana Michael (Integrationsbeauftragte der Landesregierung MV), Steffen Bockhahn (2. Stellvertreter des Oberbürgermeisters der Hanse- und Universitätsstadt Rostock, Senator für Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule), Achim Segebarth (Leiter der Polizeiinspektion Rostock), Duc Duong (Maschinenbauingenieur, Sohn eines Rostocker Vertragsarbeiterehepaares), Carmen Botezatu (Leitende Baudirektorin des Staatlichen Bau- und Liegenschaftsamts Rostock und Kandidatin der SPD für die Oberbürgermeisterwahl in Rostock) sowie Dr. Ruben Cardenas Carbajal (Geschäftsführer des Migrantenrates der Hanse- und Universitätsstadt Rostock) die Herausforderungen in der heutigen vielfältigen Gesellschaft und kamen mit ihnen über Ideen und Strategien im Umgang mit Rassismus in einen Austausch.
Am Vormittag des 25. August begrüßte unser Bildungsteam eine Schulklasse der Hundertwasserschule im Rahmen der Veranstaltung „GEDENKEN – AUFKLÄREN – GESTALTEN“ in der Stadthalle. Gemeinsam begaben wir uns mit Hilfe der Ausstellung „Vietnamesische Rostockerinnen. Ehemalige Vertragsarbeiter erzählen“ auf eine Zeitreise. Anhand der Erinnerungen aus ca. 30 Jahren, illustriert durch Fotografien und andere Zeitdokumente befassten sich die Jugendlichen mit Fragen wie „Warum verließen die Menschen Vietnam?“, „Wie erlebten sie die Wendezeit 1989/90 sowie das Pogrom in Lichtenhagen?“ und „Was machen sie heute?“ Am Nachmittag stand die Ausstellung zusammen mit zahlreichen weiteren allen Interessierten offen.
Der Vereinsvorstand nutzte die Gelegenheit zum Kennenlernen mit Izabela Tiberiade. Sie lebt in Malmö, ist Absolventin der Rechtswissenschaft an der Universität Malmö und aktiv im europaweiten Netzwerks „Dikh He Na Bister“ zur Erinnerung an den Porajmos. Ihr Vater Romeo Tiberiade wurde als Asylsuchender 1992 in der ZASt in Lichtenhagen Opfer des rassistischen Pogroms und lebt heute in Rumänien. Im Mittelpunkt des Austausches stand die Verarbeitung des Pogroms durch Betroffenen und die Rolle des Vereins Diên Hông e.V. für die Betroffenen aus der Vietnamesischen Community.
Daneben konnten wir auch die Bundesintegrationsbeauftragte Reem Alabali-Radovan, den Beauftragten der Bundesregierung für Ostdeutschland Carsten Schneider, Bundestagsmitglied Katrin Zschau sowie Landtagsmitglied Julian Barlen zu einem Gespräch über die Entwicklung und den Beitrag von Diên Hông e.V. für die gleichberechtige Teilhabe von Zugewanderten und im Bereich der antirassistischen Bildungsarbeit begrüßen.
Die Woche wurde durch die bundesweite Demo unter dem Motto „Erinnern heißt verändern“ am Samstag, 27. August, war Diên Hông e.V. beteiligt. Auf der Auftaktkundgebung war Le Bao Han zu hören, eine jungen Rostockerin aus der zweiten Generation der viet-deutschen Community. Mit eindringlichen Worten machte sie ihre Haltung gegenüber Rassismus und rassistischer Gewalt deutlich. Sie sprach auch darüber, wie sie und viele andere als nicht-deutsch wahrgenommen werden und wie sie damit Alltagsrassismus tagtäglich am eigenen Leib erfahren, welche Rolle dabei soziale Medien spielen und wie rassistische Denkweisen an die nachfolgenden Generationen weitergegeben werden und damit fest verankert bleiben.
Das Schlusswort „Erzählen heißt verändern“ aus der Rede von Le Bao Han ist auch unser Motto. Wir bleiben im Gespräch und im Austausch, über den Rassismus und die Gewalt der 90er Jahre und des Pogroms von 1992, aber auch über die vielen Gesichter von Rassismus, die Betroffenen im Alltag begegnen.